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19.05.2016

Visafreiheit für die Türkei: Soll sie in jedem Fall kommen?

Standpunkt von Dr. Franz Rieger für die Bayerische Staatszeitung

Dr. Franz Rieger, Vorsitzender des Ausschusses für Bundes- und Europaangelegenheiten sowie regionale Beziehungen

Die Haltung der CSU zu diesem Thema steht seit Langem fest: Nein zum EU-Beitritt der Türkei und zu vollständiger Visafreiheit - Ja zu privilegierter Partnerschaft und zu Visaerleichterungen vor allem für die Wirtschaft.

Die umfassende Befreiung von der Visa-Pflicht wurde Ankara zu unserem Bedauern im Zuge der Verhandlungen über einen Flüchtlingspakt in Aussicht gestellt. Der im März vereinbarte Pakt sieht jedoch vor, dass die Türkei zuvor insgesamt 72 Kriterien erfüllen muss, dazu gehört auch die Änderung der Anti-Terror-Gesetze. Die Türkei muss ihre bislang recht weit gefasste Definition von Terrorismus umgestalten, damit die Gesetze tatsächlich der Verfolgung von Terroristen dienen und nicht gegen politische Gegner oder unliebsame Journalisten missbraucht werden können.

Die türkische Seite muss wissen, dass die Bedingungen für Visaerleichterungen für die EU nicht verhandelbar sind. Das widerspräche nicht nur unserem rechtstaatlichen Grundverständnis, sondern liefe auch unseren Interessen, zum Beispiel im Bereich der Inneren Sicherheit zuwider. Die EU darf ihre Glaubwürdigkeit bei diesem Thema nicht aufs Spiel setzen. Wir laufen sonst Gefahr, dass die innertürkischen Probleme nach Deutschland importiert werden. Wir befürchten, dass die blutigen Einsätze des türkischen Militärs gegen die kurdische Minderheit eine Fluchtwelle nach Europa auslösen könnten.

Deshalb haben unsere Kolleginnen und Kollegen in Brüssel diese Woche im Europäischen Parlament durchgesetzt, dass nicht über eine Visa-Liberalisierung für türkische Bürger abgestimmt wird, solange die Türkei nicht alle notwendigen Kriterien erfüllt. Präsident Erdogan muss liefern. Damit fordern wir nicht mehr als im Flüchtlingspakt vereinbart wurde. Der Ball liegt ganz klar im Feld der türkischen Regierung, auch sie muss ein Interesse am Zustandekommen des Abkommens mit der EU haben. Denn die menschenverachtende Schleuserkriminalität kann auch die Türkei nicht ignorieren. Wir werden dafür sorgen, dass es keine bedingungslose Visa-Liberalisierung gibt, sondern dass die Bedingungen, die vereinbart wurden, auch wirklich erfüllt werden.

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