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Provenienz und Restitution

00.00.0000 - Dringlichkeitsantrag | 19/5439

Initiatoren:
Klaus Holetschek, Michael Hofmann, Winfried Bausback, Tanja Schorer-Dremel, Martin Wagle, Robert Brannekämper, Petra Guttenberger, Franc Dierl, Alexander Dietrich, Alex Dorow, Andreas Jäckel, Stefan Meyer, Stephan Oetzinger, Andreas Schalk, Martin Stock, Karl Straub, Peter Wachler, Florian Streibl, Felix Locke, Michael Piazolo, Tobias Beck, Martin Behringer, Martin Brunnhuber, Susann Enders, Stefan Frühbeißer, Johann Groß, Wolfgang Hauber, Bernhard Heinisch, Alexander Hold, Marina Jakob, Michael Koller, Nikolaus Kraus, Josef Lausch, Christian Lindinger, Rainer Ludwig, Ulrike Müller, Bernhard Pohl, Julian Preidl, Anton Rittel, Markus Saller, Martin Scharf, Werner Schießl, Gabi Schmidt, Roswitha Toso, Roland Weigert, Jutta Widmann, Benno Zierer, Felix von Zobel, Thomas Zöller

Der Landtag stellt fest, dass das verbrecherische NS-Regime zahlreichen Menschen Kulturgut geraubt, entzogen und abgepresst hat. Es ist die Verantwortung des Freistaates Bayern als Kultur- und Rechtsstaat dort, wo heute noch möglich, dieses Unrecht durch Rückgabe abzumildern und betroffene Kunstgegenstände zu restituieren.


Die Staatsregierung wird aufgefordert:



  • Das Notwendige in die Wege zu leiten, damit Bund und Länder baldmöglich die beabsichtigte Schiedsgerichtsbarkeit als operativ handlungsfähige Einheit zur Klärung von unklaren strittigen Restitutionsfragen errichten und auf Bundesebene mit den notwendigen Ressourcen und Personal ausstatten.

  • Der Freistaat Bayern soll das vorgesehene "Stehende Angebot" zur Schiedsgerichtsbarkeit abgeben, so dass für alle streitigen Fälle und für sämtliche Anspruchsteller der Weg zur Schiedsgerichtbarkeit eröffnet ist. Die Staatsregierung wird gebeten, mit der Jewish Claims Conference die Gespräche fortzuführen und alles zu unternehmen, das Vertrauen in die Ernsthaftigkeit der Restitutionsbemühungen wiederherzustellen.


Der Bayerische Landtag begrüßt die Entscheidung der Staatsregierung, eine Task Force Provenienzforschung einzurichten. Es muss sichergestellt werden, dass diese unabhängig von den Hierarchien der Staatsgemäldesammlung (StGS) arbeitet und unbeschränkten Zugang zu den Depots, Unterlagen, Datenbanken und Archiven bekommt.


Es ist Sorge dafür zu tragen, dass sobald wie möglich ein Überblick über alle noch zu erforschenden Provenienzfälle erarbeitet und eine Priorisierung der weiteren Rechercheaufgaben vorgenommen wird.


Das Ampelsystem der StGS zur Einordnung von Verdachtsfällen ist unverzüglich an die allgemeinen Standards des Ampelsystems DZK anzupassen. Anspruchssteller und Forscher müssen Zugang zu auch vorläufigen Rechercheergebnissen erhalten.


Die Ergebnisse der Provenienz-Recherchen sind in geeigneter Form entsprechend den Kriterien des Deutschen Zentrums Kulturgutverluste (DZK) darzustellen und gemeinsam mit den Detailinformationen in den Portalen der StGS zu veröffentlichen. Sämtliche Verdachtsfälle sind in die Datenbank LostArt einzustellen.


Im Falle eines Nachweises eines verfolgungsbedingten Entzuges sind die Berechtigten so schnell wie möglich zu ermitteln und dann der Kontakt zu den Betroffenen proaktiv zu suchen und unmittelbar die Durchführung der Restitution einzuleiten.


Bei der Konzeption von Ausstellungen und Sonderausstellungen sollen die wesentlichen Aspekte bezüglich der Provenienz den Besucherinnen und Besuchern in geeigneter Form verfügbar gemacht werden.


Die Bayerische Staatsregierung wird entsprechend den einstimmig im Ausschuss für Wissenschaft und Kunst beschlossenen Anträgen aufgefordert, zu allen noch offenen Fragestellungen in Zusammenhang mit Raubkunst und Restitution bis zur Sommerpause 2025 zu berichten.



Es ist für den Bayerischen Landtag nicht hinnehmbar, dass 80 Jahre nach dem Ende des NS-Regimes in Deutschland Restitutionsansprüche ungeklärt sind und Ansprüche offenstehen. Wir sind es den Opfern und ihren Nachkommen schuldig, dass alle Anstrengungen unternommen werden, um begangenes Unrecht abzumildern. Wir stehen uneingeschränkt zu unserer historischen Verantwortung, verfolgungsbedingt entzogenes Kulturgut den rechtmäßigen Besitzern und ihren Nachfahren zurückzugeben, und zu den Washingtoner Prinzipien. Dies ist nicht nur eine Frage der Glaubwürdigkeit, sondern der Verantwortung des Freistaates als Kultur- und Rechtsstaat. Deshalb hat sich der Freistaat Bayern aus voller Überzeugung für mehr Verbindlichkeit in Restitutionsfragen eingesetzt und die Errichtung einer Schiedsgerichtsbarkeit maßgeblich befördert.


Provenienzforschung und Restitution müssen von größtmöglicher Transparenz, Nachvollziehbarkeit und Einheitlichkeit geprägt sein und die maßgeblichen Standards einhalten. Sollten Zweifel hieran entstanden sein, so gilt es diese für jetzt und die Zukunft lückenlos auszuräumen und die Strukturen neu aufzustellen.

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