Holger Dremel, Winfried Bausback, Norbert Dünkel, Jürgen Eberwein, Thorsten Freudenberger, Alfred Grob, Josef Heisl, Thomas Holz, Martin Stock, Florian Streibl, Felix Locke, Tobias Beck, Wolfgang Hauber, Martin Behringer, Martin Brunnhuber, Susann Enders, Stefan Frühbeißer, Johann Groß, Bernhard Heinisch, Alexander Hold, Marina Jakob, Michael Koller, Nikolaus Kraus, Josef Lausch, Christian Lindinger, Rainer Ludwig, Ulrike Müller, Michael Piazolo, Bernhard Pohl, Julian Preidl, Anton Rittel, Markus Saller, Martin Scharf, Werner Schießl, Gabi Schmidt, Roswitha Toso, Roland Weigert, Jutta Widmann, Benno Zierer, Felix von Zobel, Thomas Zöller
Der Ausschuss für Kommunale Fragen, Innere Sicherheit und Sport führt unter Beteiligung von Sachverständigen eine Anhörung zu den sicherheits- und grundrechtlichen Auswirkungen der beabsichtigten Anpassung des Gesetzes zur Änderung des Polizeiaufgabengesetzes und weiterer Rechtsvorschriften durch.
Die Bayerische Staatsregierung hat in der Kabinettssitzung am 27. Februar 2024 über Änderungen im Polizeiaufgabengesetz (PAG), Polizeiorganisationsgesetz (POG) und Landesstraf- und Verordnungsgesetz (LStVG) beraten sowie die Einleitung der Verbandsanhörung beschlossen. Der Landtag wurde entsprechend informiert. Der Gesetzentwurf enthält eine Reihe von Anpassungen.
Der Gesetzentwurf soll die Möglichkeiten der Polizei zur effektiven Gefahrenabwehr und Verhütung von Straftaten weiter stärken, dabei sind aber zugleich der Grundrechtsschutz der Bürger, der Datenschutz und die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts sehr wichtig. Ein Schwerpunkt ist die neue Rechtsgrundlage für die 'Verfahrensübergreifende Recherche- und Analyseplattform' im PAG, kurz VeRA. Dazu kommt weiterer Änderungsbedarf unter anderem aufgrund aktueller Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts.
- Mit VeRA wird die Bayerische Polizei vorhandene Daten schneller und effektiver auswerten sowie miteinander verknüpfen können. Das hilft, Gefährder und Banden schneller zu ermitteln, kriminelle Netzwerke leichter zu entdecken, mögliche Opfer besser zu schützen und Straftaten möglichst im Vorhinein zu verhindern. Der Entwurf der neuen Rechtsgrundlage für VeRA berücksichtigt laut Staatsregierung die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts im Urteil über die 'Automatisierte Datenauswertung durch die Polizei in Hessen und Hamburg' vor rund einem Jahr. Darin hat das Bundesverfassungsgericht die automatisierte Datenauswertung unter einschränkenden Voraussetzungen als grundsätzlich möglich erachtet hat. Mit der geplanten Rechtsgrundlage soll sichergestellt sein, dass die Analysesoftware nur unter den vom Bundesverfassungsgericht formulierten Voraussetzungen und Maßgaben eingesetzt werden kann. Zudem soll nach dem Entwurf die neue Analysesoftware nur innerhalb des Polizeinetzes und ohne Verbindung zum Internet eingesetzt werden. Ein Zugriff auf die Daten von außen oder ein Datenabfluss auf externe Server sei damit ausgeschlossen. Nur besonders ausgewählte und speziell geschulte Polizeiexperten sollen eine Zugriffsberechtigung bekommen.
- Ferner sind einige Vorschriften des PAG aufgrund der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung in Mecklenburg-Vorpommern vorsorglich anzupassen, auch wenn bisher keine verfassungsgerichtliche Beanstandung der bayerischen Vorschriften vorliegt. Dies betrifft einerseits die Voraussetzungen der heimlichen Wohnungsbetretung durch die Polizei, wenn diese zur Vorbereitung verdeckter Maßnahme beispielsweise Technik einbauen muss. Andererseits ist der Kernbereichsschutz beim gefahrenabwehrrechtlichen Einsatz von Verdeckten Ermittlern und Vertrauenspersonen zu präzisieren. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist der Kernbereich privater Lebensgestaltung als letzter unantastbarer Bereich menschlicher Freiheit zu wahren, der der Einwirkung der gesamten öffentlichen Gewalt entzogen ist. Dazu gehören beispielsweise Gespräche mit engsten Vertrauten. Verdeckte Ermittler müssen ihren Einsatz in der Regel immer dann abbrechen, wenn der Kernbereich berührt wird, sofern dadurch nicht ihr Leib oder Leben in Gefahr gerät.
- Darüber hinaus soll im PAG eine Rechtsgrundlage zur Übermittlung von Bildmaterial von an gefährdeten Objekten angebrachten Kameras an die Polizei verankert werden, soweit die Polizei an diesen Orten selbst Kameras aufstellen dürfte. Das betrifft beispielsweise die Videoüberwachung an großen Verkehrsknotenpunkten wie an Bahnhöfen oder Flughäfen.
- Zudem wird im Gesetzentwurf die Durchführung von Verkehrskontrollen durch die Wasserschutzpolizei präzisiert.
- Des Weiteren soll die Bayerische Polizei künftig auch gegenüber denjenigen Personen Platzverweise aussprechen dürfen, die Polizeieinsätze behindern.
- Geplant ist auch, dass die Bayerische Polizei künftig Meldeauflagen unter den gleichen Voraussetzungen wie die allgemeinen Sicherheitsbehörden, also die Gemeinden, aussprechen kann.
- Im POG sollen Unterstützungspflichten der Betreiber öffentlicher Verkehrsmittel und Verkehrsflughäfen gegenüber der Polizei normiert werden. Dabei geht es beispielsweise um die Bereitstellung von Räumlichkeiten und Parkplätzen an den großen bayerischen Bahnhöfen und Flughäfen.
- Außerdem macht die Novelle zur Bußgeldkatalog-Verordnung eine Anpassung des im POG geregelten Einsatzbereichs von Polizeiangestellten zur Überwachung des ruhenden Verkehrs erforderlich. Polizeiangestellte sollen künftig Verkehrsordnungswidrigkeiten im ruhenden Verkehr unabhängig von der Sanktionshöhe feststellen und erfassen können, beispielsweise das verbotswidrige Parken auf Rad- und Gehwegen.
- Im LStVG soll ein neuer Bußgeldtatbestand eingeführt werden, beispielsweise wenn jemand gegen Meldeauflagen oder Aufenthaltsverbote von Gemeinden verstößt.
- Für den Vollzug der Straßenverkehr-Transportbegleitungsverordnung (StTbV) in Bayern ist es erforderlich, entsprechende Anpassungen im Gesetz über Zuständigkeiten im Verkehrswesen (ZustGVerk) vorzunehmen
Da es sich um wichtige Ergänzungen handelt, sollen diese im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens durch eine Sachverständigenanhörung vertieft behandelt werden. Dies hat Bedeutung über Bayern hinaus, weil der Freistaat Bayern im Rahmen der Weiterentwicklung des Polizei- und Sicherheitsrechts der Länder eine Vorbildfunktion innehat.