Angesichts der dramatisch steigenden Corona-Infektionen hat sich Ministerpräsident Dr. Markus Söder für konkrete Maßnahmen „mit Vernunft und ohne Verzug“ nach dem Leitsatz „Bremsen, Blocken, Boostern“ und für eine allgemeine Impfpflicht ausgesprochen.
„Wir stehen wieder vor einem Corona-Drama“, sagte der Ministerpräsident zu Beginn der Plenardebatte. Obwohl drei Wellen erfolgreich gemeistert wurden, werde das Land erneut von Corona geschüttelt. Die Infektionslage sei viermal so hoch wie bei der dritten Welle. „Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, um zu handeln, zu entscheiden und unser Corona-Paket vorzulegen“, sagte er.
Die vierte Welle sei heimtückischer, so Söder. Unter den Erkrankten auf den Intensivstationen seien zehnmal mehr Ungeimpfte als Geimpfte betroffen. „Deshalb ist es korrekt zu sagen, dass es sich um eine Pandemie der Ungeimpften handelt. Obwohl Bayern eines der besten Gesundheitssysteme habe, drohe der Katastrophenfall, gab der Ministerpräsident zu bedenken. Darüber hinaus entstehe eine neue Konkurrenzsituation, auch andere Patienten mit Krebs- oder Herz-Kreislauf-Leiden seien betroffen, wenn ihre Behandlung wegen der angespannten Situation ausgesetzt werden müsse. „Der Ärger bei den Ärzten und bei der Belegschaft ist groß. Hier braucht es Solidarität.“
Mit Blick auf die in Bayern verhältnismäßig niedrige Impfquote erklärte Söder, dass Impfskepsis im Freistaat eine lange Tradition habe, ein „süddeutsches Phänomen“. Eine esoterische, der Wissenschaft gegenüber skeptische Haltung, sei im Alpenraum weit verbreitet. Außerdem beklagte er eine gewisse Corona-Müdigkeit. Viele seien gestresst, aber auch sorglos, manche verhielten sich bewusst unsolidarisch, etwa indem in der Gastronomie nicht konsequent nach dem 3G-Nachweis gefragt oder Impfnachweise gefälscht würden. „All das schwächt uns im Kampf gegen das Virus.“
Der Ministerpräsident rief dazu auf, nun nicht nur die Impf-Logistik bereitzuhalten, sondern auch die Impfbereitschaft zu fördern und die Menschen zu überzeugen, dass es ohne Impfung keine Freiheit gebe.
Was die konkreten Maßnahmen betreffe, sei es nun nicht die Lösung „alles zuzusperren“, man werde aber auch nicht „alles laufen lassen“. Konkret werde gemäß dem Leitsatz „Bremsen, Blocken, Boostern“ ein Stufenkonzept eingeführt. Ausnahmen werden für drei Bereiche gelten: Die Inzidenz in Kitas und Schulen sei zwar eine Herausforderung. Deren Schließung würde aber wieder „zu weitreichenden Konsequenzen führen“, warnte der Ministerpräsident. Darüber hinaus soll in Alten- und Pflegeheimen weiterhin massiv getestet und so ein Besuchsverbot verhindert werden. Als weiteren Punkt nannte der Ministerpräsident den Handel: Auch Ungeimpfte sollten weiterhin die Möglichkeit haben „ihr täglich Brot zu erwerben“. „Die Versorgung der bayerischen Bevölkerung müssen wir auf Dauer gewährleisten.“
Hinsichtlich der nächsten Wochen und Monate warnte Söder vor einer Endlosschleife: „Wenn sich nicht deutlich mehr Menschen impfen lassen, dann kommen wir immer wieder auf denselben Punkt, am Ende grüßt das Corona-Murmeltier“. Ein bisschen Impfpflicht werde deshalb nicht reichen, so der Ministerpräsident. Alle 25 Minuten sterbe ein Mensch in Bayern an Corona. Entscheidend, sei, was auf Dauer mehr Freiheit, Entlastung und Sicherheit bringe. „Lassen Sie uns in Deutschland eine Impfpflicht einführen. Wir müssen eine Entscheidung für unser Land treffen.“
„Die Lage ist ernst, sehr ernst“ sagte der CSU-Fraktionsvorsitzende Thomas Kreuzer. Er appellierte an alle Bürgerinnen und Bürger, sie auch ernst zu nehmen. „Jeder und jede kann persönlich betroffen sein, vielleicht schon morgen.“ Kreuzer dankte allen Beschäftigten im medizinischen Bereich und in den Pflegeberufen, die derzeit „unter der Unvernunft anderer leiden müssen“. Die FDP kritisierte er scharf für ihren Vorstoß, die epidemische Lage von nationaler Tragweite bundesweit aufheben zu wollen. Dies sei „eine kolossale Fehleinschätzung“ gewesen. Dieses Verhalten habe auch bei vielen Menschen zu Sorglosigkeit geführt, mit deren Folgen das Land nun zu kämpfen hätte. Der CSU-Fraktionsvorsitzende rief dazu auf, „jetzt zu handeln, und zwar dringend“. Er wisse, welche Zumutungen die neuen Einschränkungen bedeuteten. „Sie sind angesichts der Notlage aber leider völlig unvermeidlich." Wenn die Impfquote nicht deutlich steige, so Kreuzer, „brauchen wir eine allgemeine Impfpflicht, um eine fünfte Welle im nächsten Herbst und Winter zu vermeiden. Sie ist verhältnismäßig und notwendig, wenn andere Mittel nicht reichen.“
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